Sinusitis
Infektion der Nasennebenhöhlenschleimhaut als Folge einer Störung des Abflusses und der Ventilation. Zu den Nasennebenhöhlen zählen die Kiefer-, Stirn-, Keilbeinhöhlen und das Siebbein.
Akute purulente Sinusitis
Epidemiologie/Erreger
Zuverlässige epidemiologische Daten zur Häufigkeit der Sinusitis in Deutschland liegen vor. Es wird geschätzt, dass die akute purulente Sinusitis in 13 Millionen Fällen pro Jahr auftritt.
Die akute Sinusitis entsteht meist als Folge einer Virusinfektion der oberen Luftwege, die die Schleimhäute schädigt und dadurch eine bakterielle Sekundärinfektion begünstigt. Nach einer Latenzzeit von 7 bis 10 Tagen kann es zur eitrigen Sinusitis kommen. Gleichzeitig geht die Sinusitis häufig mit einer Rhinitis, Bronchitis und Otitis einher.
Mehr als 60 % der Fälle bei Erwachsenen können auf eine Infektion durch Streptococcus pneumoniae oder Haemophilus influenzae zurückgeführt werden. Oft treten Mischinfektionen auf. Staphylokokken, Anaerobier der Mundflora und Viren kommen seltener vor. Bei Patienten mit Mukoviszidose muss die Möglichkeit einer Infektion durch Pseudomonaden beachtet werden.
Eine Sinusitis maxillaris kann auch dentogen durch Wurzelspitzengranulome oder penetrierendes Zahnfüllmaterial verursacht werden. In diesen Fällen werden häufig anaerobe Erreger nachgewiesen. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle ist sehr gering. Bei nosokomialen Sinusitiden mit Verlegung der Nasennebenhöhlenostien durch einen Tubus muss an das Erregerspektrum der nosoko-mialen Pneumonie gedacht und entsprechend behandelt werden.
Bei viral-katarrhalischer Ursache werden in der Regel leichte Verlaufsformen beobachtet, bei bakteri-ell-purulenter Ursache leichte (selten), mittlere (häufig) und schwere (selten) Verlaufsformen.
Klinik
Meist einseitige eitrige Sekretion aus der Nase, einhergehend mit einem örtlichem Kopfschmerz, der sich bei Druckerhöhung z.B. Husten, Niesen oder Bücken verstärken kann. Je nach Lokalisation der Infektion tritt der Schmerz an der Kieferhöhle (Sinusitis maxillaris = häufigste Form), im Bereich der Nase und des inneren Augenwinkels (Sinusitis ethmoidalis) oder der Stirn (Sinusitis frontalis) auf. Oft finden sich Schwellungen, Rötungen und Hautveränderungen über den Sinus und umränderte Augen oder diskrete Lidödeme.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch klinische Untersuchungen und einer Anamnese. Bei der Rhinoskopie zeigt sich eine gelb-grüne Schleim- und Eiterbildung in der betroffenen Nasennebenhöhle.
Bei Verdacht auf Komplikationen können bildgebende Verfahren wie Sonographie, Röntgen und CT oder MRT notwendig werden.
Therapie
Eine Therapie der akut-eitrigen Sinusitis sollte risikogestuft erfolgen. Es besteht eine hohe Spontanheilungsrate, jedoch können bei schwereren Verläufen auch Komplikationen (Orbitalphlegmone bei Sinusitis ethmoidalis, Stirnbeinosteomyelitis bei Sinusitis frontalis) auftreten. Eine Antibiotika-Therapie kann die Krankheitsdauer verkürzen.
Bei der viralen Rhinosinusitis ist die Therapie symptomatisch. Bei der einfachen purulenten Sinusitis kann die Primärtherapie mit Amoxicillin durchgeführt werden. Bei älteren Patienten über 65 Jahre und/oder Risikofaktoren kardialer oder pulmonaler Natur sollte zur Minimierung zu erwartender Komplikationen mit Fluorchinolonen (Moxifloxacin) oder Aminopenicillinen/BLI, der Kombination Amoxicillin/Flucloxacillin, Clarithromycin oder Oral-Cephalosporinen (Cefuroxim-Axetil, Loracarbef, Cefpodoxim-Proxetil) behandelt werden.
Eine symptomatische Therapie kann mit abschwellenden Nasentropfen (siehe auch Rhinitis) und In-halationen mit Kamilledampf oder ätherischen Ölen sowie mit lokaler Wärmetherapie durchgeführt werden. Die Wirksamkeit chemisch definierter Sekretolytika ist nicht belegt. Eine Spülung der Kiefernhöhlen ist manchmal sinnvoll
Chronische Sinusitis
Eine chronische Sinusitis besteht bei einer Krankheitsdauer > 8 Wochen oder mehr als vier Episoden pro Jahr mit verbleibender Restsymptomatik im entzündungsfreien Intervall.
Epidemiologie/Erreger
Es wird geschätzt, dass die chronische Sinusitis in Deutschland in 3 Millionen Fällen pro Jahr auftritt. Meist liegt eine Rhinosinusitis vor.
Sie entsteht auf dem Boden einer nicht auskurierten akuten Verlaufsform. Häufigste Erreger sind jedoch nicht die Leitkeime der akuten Sinusitis, sondern Staphylococcus aureus, verschiedene Enteroba-ceriaceae, seltener Pseudomonas aeruginosa und Anaerobier der Mundflora.
Als Ursache wird u.a. eine allmähliche Obstruktion durch vermehrte Gewebebildung in den knöchernen Bereichen, eine Störung der mukoziliären Funktion und Sekretstau angenommen.
Es treten 2 Formen der chronischen Sinusitis auf. Die häufigere Form ist die polypös-seröse Sinusitis, die zu etwa 25 % auf eine Acetylsalcylsäure-Intoleranz zurückgeführt werden kann. Bei bis zu 40 % dieser Patienten besteht eine Assoziation zu asthmatischen Erkrankungen. Seltener tritt die schleimig-eitrige chronische Sinusitis auf.
Klinik
Uncharakteristische, wenig ausgeprägte Symptome (siehe auch akute Sinusitis) wie Kopfschmerzen, Behinderung der Nasenatmung und bei Polypenbildung auch Riechstörungen. Meist beidseitige Sekretion aus der Nase und Sekretion in den Rachen.
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt durch Inspektion, Anamnese, Allergietest und Rhinoskopie. Als bildgebendes Verfahren wird das CT/MRT empfohlen, im Einzelfall auch Nativ-Röntgenaufnahmen.
Therapie
Wichtigste Maßnahme ist die Behebung der Ursache. Hierzu zählen vor allem die Behandlung möglicher Allergien und die Beseitigung anatomischer Engstellen z.B. durch Polypen. In der Regel ist eine konservative Therapie ausreichend. Bei einer Indikation zur kalkulierten Antibiotika-Therapie werden Inhibitor-geschützte Aminopenicil-line (Amoxicillin/Clavulansäure, Sultamicillin), Oral-Cephalosporine (Cefuroxim-Axetil, Loracarbef, Cefpodoxim-Proxetil) oder Levofloxacin bzw. Moxifloxacin empfohlen. Die Therapiedauer beträgt in diesen Fällen bis zu 3 Wochen.
Die permanente Basissymptomatik ist der Behandlung mit topischen Glukokortikoiden zugänglich. Eine Wärmetherapie kann den Heilungsprozess beschleunigen. In besonderen Fällen ist eine chirurgische Behandlung erforderlich. Bei Kindern kann die Verordnung von Bakterienlysaten und Mukolytika hilfreich sein.
Sinsusitis mit Komplikationen
Orbitalphlegmone
Die Orbitalphlegmone ist die schwerste Form einer Sinusitis mit orbitalen Komplikationen. Sie ist eine akute Weichgewebeinfektion der Augenhöhle.
Erreger
Meist handelt es sich um eine fortgeleitete Infektion der Nasennebenhöhlen, vereinzelt sind dentale oder intrakranielle Infektionen der Ausgangspunkt. In selteneren Fällen können auch Traumen, operative Eingriffe oder eine Dakryozystitis oder eine hämatogen Streuung die Ursache sein.
Orbitalphlegmonen treten gehäuft im Alter von 10 bis 25 Jahren auf. Wegen einer möglichen intrakra-niellen Ausbreitung der Infektion besteht akute Lebensgefahr. Ein Fortschreiten der Infektion führt zur Ausbildung von Abszessen und einer Osteomyelitis, eine Erblindung ist möglich. Als Erreger kommen meist Bakterien, seltener Pilze in Frage. Bakterielle Mischinfektionen sind häufig. Leitkeime sind Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa und Anaerobier.
Klinik
Klinisch zeigen sich ein einseitiges entzündliches Ödem des betroffenen Augenlids und eine verminderte Hornhautsensibilität. Der Augapfel ist gerötet, geschwollen und hervorgehoben. Eine eingeschränkte Sehfähigkeit (verschwommenes Sehen) kann bestehen, Fieber und ein schweres Krankheitsgefühl sind obligat.
Diagnose
Die Diagnose wird klinisch und durch ein CT/MRT gestellt. Eine mikrobiologische Diagnostik des Punktionsmaterials aus dem Sinus, des Sekretes der chirurgischen Drainage und das Anlegen von Blutkulturen ist unbedingt erforderlich.
Therapie
Eine abszedierende Sinusitis chronica oder acuta mit orbitalen Komplikationen erfordert bei Erwachsenen immer einen chirurgischen Eingriff. Wegen einer möglichen Erblindung und einer intrakraniel-len Ausbreitung besteht ein hohes Komplikationsrisiko und eine dringliche OP-Indikation.
Eine Antibiotika-Therapie sollte zumindest initial immer parenteral erfolgen. Empfohlen werden hochdosierte Inhibitor-geschützte Acylamino- oder Aminopenicilline (Piperacillin/Tazobactam, Mezlocillin + Sulbactam, Amoxicillin/Clavulansäure, Ampicillin/Sulbactam) oder Carbapeneme (Imipenem/Cilastatin, Meropenem, Ertapenem). Bei Einsatz von Cefotaxim oder Ceftriaxon sollte möglichst mit Clindamycin oder Metronidazol kombiniert werden. In schweren Fällen wird zusätzlich ein Aminoglykosid oder Fluorchinolon (Ciprofloxacin, Levofloxacin) gegeben.
Die Sequenztherapie mit Moxifloxacin ist bei der Sinusitis mit orbitalen Komplikationen eine mögliche Therapieoption.
Nach dem Erhalt der mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse sollte eine gezielte Therapie durch-geführt werden. Die Therapiedauer beträgt 14 Tage.
Stirnbeinosteomyelitis
Fortgeleitete Infektionen mit Knochenbefall des Stirnbeins.
Erreger
Häufigste Erreger sind Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae oder Pseudomonas aeruginosa.
Klinik
Die Stirnbeinosteomyletis tritt vornehmlich bei Jugendlichen auf. Sie äußert sich durch Fieber, schwe-res Krankheitsgefühl, Verstärkung des Kopfschmerzes sowie Druck- und Klopfschmerz im Bereich der Stirnhöhle. Es können Schwellungen, Rötungen und Hautveränderungen über den Sinus und um-ränderte Augen oder diskrete Lidödeme auftreten.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt klinisch und durch bildgebende Verfahren wie CT/MRT und Knochenszintigraphie. Die Blutsenkung ist beschleunigt und das CRP erhöht.
Eine mikrobiologische Diagnostik des Punktionsmaterials aus dem Sinus, des Sekretes der chirurgischen Drainage und das Anlegen von Blutkulturen ist unbedingt erforderlich.
Therapie
Es besteht immer die Indikation zur operativen der Sanierung der betroffenen Stirnhöhle und der Ent-nahme befallener Knochenregionen. Die antimikrobielle Behandlung erfolgt hochdosiert initial mit ei-nem Inhibitor-geschützten Acylamino- oder Aminopenicilline (Piperacillin/Tazobactam, Mezlocillin + Sulbactam, Amoxicillin/Clavulansäure, Ampicillin/Sulbactam) oder Carbapenem (Imipenem/Cilastatin, Meropenem, Ertapenem). Bei Einsatz von Cefotaxim oder Ceftriaxon sollte möglichst mit Clindamycin oder Metronidazol kombiniert werden.
In schweren Fällen werden Betalaktam-Antibiotika mit einem Aminoglykosid oder Fluorchinolon kombiniert. Die Behandlung erfolgt über einen Zeitraum von ca. 6 Wochen.
Nach dem Erhalt der mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse sollte eine gezielte Therapie durch-geführt werden.