Makrolide
Zu den Makroliden zählen die älteren Substanzen Erythromycin und Spiramycin und die neueren Substanzen Roxithromycin und Clarithromycin. Den Makroliden nahe verwandt ist das Azalid Azithromycin. Makrolide und Azalide haben eine meist gute Wirksamkeit gegenüber Mykoplasmen, Legionellen und Chlamydien sowie Streptokokken (einschließlich Makrolid-sensibler Pneumokokken), Anaerobiern, Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, Bordetella pertussis, Borrelien, Listerien, Campylobacter spp., Toxoplasma gondii und anderen. Für viele Infektionen, die durch diese Erreger verursacht werden, sind die Makrolide jedoch nicht Mittel der Wahl. Die Resistenzrate von Pneumokokken gegenüber Makroliden ist regional sehr unterschiedlich. Sie liegt bei 7 % und in Einzelfällen bei bis zu 14 %. Die klinischen Studien zeigen nach wie vor eine gute Wirkung. Es gibt in der Literatur Hinweise auf Therapieversager bei schweren Pneumokokken-Infektionen (positive Blutkulturen unter Therapie). Die Aktivität von Erythromycin gegenüber Haemophilus influenzae ist meist nicht ausreichend, die Wirksamkeit von Clarithromycin und seines aktiven Metaboliten sowie von Azithromycin ist deutlich besser.Makrolide werden in der Literatur als bakteriostatisch wirksame Antibiotika beschrieben, jedoch zeigen aktuelle Daten einen bakteriziden Effekt, der konzentrationsabhängig ist. Günstig sind daher Präparate mit einer hohen Initialdosis. Die Wirkung beruht auf einer Hemmung der RNS-abhängigen Proteinbiosynthese. Es gibt Hinweise auf eine immunmodulierende Wirkung der Makolide sowie mukolytische Effekte.
Zulassung/Verfügbarkeit
Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin sind oral und parenteral (Azithromycin nicht in D) verfügbar, Roxithromycin und Spiramycin sind nur in der oralen Form im Handel.Spiramycin hat heute keine Bedeutung mehr. Erythromycin und die neueren oralen Vertreter dieser Substanzgruppe haben eine breite Zulassung. Es sind dies Infektionen der Atemwege (Bronchitis, Bronchopneumonie, Pneumonie, insbesondere Legionellen- und Mykoplasmen-Pneumonie, Keuchhusten), Infektionen des HNO-Bereiches (Pharyngitis, Tracheitis, Tonsillitis, Otitis media, Sinusitis), Scharlach und Diphtherie. Dabei variieren die Indikationsgebiete zwischen den einzelnen Substanzen und ihrer Darreichungsformen erheblich, diese Unterschiede sind zu beachten.
Pharmakokinetik
Die pharmakokinetischen Parameter der Makrolide sind abhängig von der Dosis und bei Erythromycin auch von der Art des Derivats. Die Bioverfügbarkeit oraler Erythromycin-Zubereitungen (25 bis 50 %) und von Spiramycin (20 bis 40 %) ist sehr variabel, die Bioverfügbarkeit der neueren Makrolide und des Azalids unterliegt nicht diesen starken Schwankungen. Sie beträgt etwa 50 % für Clarithromycin, 60 bis 80 % für Roxithromycin und etwa 50 % für Azithromycin. Die Einnahme kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Die Verteilung der Makrolide erfolgt extra- und intrazellulär, was ihre gute Wirksamkeit auf atypische Erreger erklärt. Sie sind durch ein großes relatives Verteilungsvolumen charakterisiert, das pro Kilogramm Körpergewicht für Erythromycin mit etwa 0,7 l, Clarithromycin etwa 2 l, Roxithromycin etwa 0,4 l und Azithromycin etwa 30 l angegeben wird. Die Angaben hierzu variieren in der Literatur erheblich, da unterschiedliche Bewertungskriterien und Grundlagen zur Berechnung dieser fiktiven Größe herangezogen werden. Die Gewebegängigkeit ist gut. Es werden hohe Konzentrationen in Lunge, den Tonsillen, Makrophagen und Granulozyten gemessen, die die Serumkonzentrationen um ein Vielfaches übersteigen können. Die Proteinbindung der Makrolide ist in der Regel dosisabhängig. Die niedrigste Bindung zeigt Spiramycin (etwa 10 %), gefolgt von Azithromycin (12 bis 52 %), Erythromycin (60 bis 70 %), Clarithromycin (72 %) und Roxithromycin (70 bis 90 %).Die Makrolide unterliegen einer ausgeprägten Metabolisierung über die Leber und werden vorzugsweise biliär und nur zu einem geringen Anteil auch renal ausgeschieden. Teilweise sind die Metaboliten aktiv, was insbesondere bei Clarithromycin als Vorteil gewertet wird. Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen sollten Makrolide nicht oder nur bei strenger Risiko-Nutzen-Abwägung einnehmen. Eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz < 30 ml/min Creatinin-Clearance ist nur für Clarithromycin und Erythromycin erforderlich. Die Halbwertszeit bei Gesunden liegt für Erythromycin unter 2,5 Stunden, für Clarithromycin zwischen 2 und 5 Stunden, für Roxithromycin 8 bis 10 Stunden und für Azithromycin > 14 Stunden. Makrolide werden in geringen Konzentrationen in der Muttermilch gefunden. Bei Anwendung in der Schwangerschaft und der Stillzeit sollte Erythromycin der Vorzug gegeben werden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Häufigste Nebenwirkungen der Makrolide sind gastrointestinale Störungen, der Anstieg der Leberfunktionswerte und eine Verlängerung des QT-Intervalls, die gelegentlich den Abbruch einer Therapie erfordern. Problematisch ist das hohe Interaktionspotenzial (insbesondere von Erythromycin) mit Arzneimitteln, die wie die Makrolide das QT-Intervall verlängern können oder hepatisch über gleiche Isoenzyme des Cytochrom-P450-Komplexes metabolisiert werden. Auf Grund bisheriger Erfahrungen ist durch das Azalid Azithromycin eine derartige Hemmung der metabolisierenden Enzyme nicht zu erwarten. Es bestehen substanzabhängige Kontraindikationen und Warnhinweise für die Kombination mit verschiedenen Arzneimitteln.
INN | Handelsname | Standarddosierung* pro Tag |
Erythromycin-Lactobionat | Erythrocinâ, Generika | 1-2 g in 2-4 ED |
Erythromycin-Ethinylsuccinat | Sanaseptonâ TS, Generika | 1-2 g in 2 ED |
Erythromycin-Estolat | Generika | 1-2 g in 2 ED |
Erythromycin-Steara t | Generika | 1-2 g in 2 ED |
Clarithromycin | Klacidâ, Mavidâ**,Generika | 0,5-1 g in 2 EDinitial 1 g in 2 ED |
Roxithromycin | Rulidâ, Generika | 0,3 g in 1 ED |
Azithromycin | Zithromaxâ, Ultreonâ*** | 0,5 g in 1 ED |
* normalgewichtige Erwachsene ohne Einschränkung von Organfunktionen** 500 mg bei Infektionen durch Mykobakterien*** 600 mg zur Prophylaxe gegen Mycobacterium avium intracellulare Infektion bei HIV