Infekt-Liga

Pleuritis/Pleuraempyem


Pleurale Infektionen sind akute oder chronische Erkrankungen des Rippenfells (Brustfells), die mit (Pleuritis exsudativa) oder ohne (Pleuritis sicca) Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt einhergehen können. Bei einem Pleuraempyem finden sich Eiteransammlungen in der Pleurahöhle.

Epidemiologie/Erreger

Zur Häufigkeit infektbedingter Pleuritiden liegen keine einheitlichen Daten vor.
In Europa sind Infektionen jedoch die zweithäufigste Ursache für Pleuraergüsse. An erster Stelle stehen kardial bedingte Ergüsse. Weitere Ursachen sind vor allem maligne Erkrankungen und Autoimmunerkrankungen. In den meisten Fällen ist die Erkrankung nicht eigenständig, sondern tritt als Begleiterscheinung anderer pleuranaher Erkrankungen (z.B. Abszessdurchbrüche, nekrotisierende Pankreatitis, Pneumonien) auf. Sie kann jedoch auch hämatogen entstehen. Bei Lungentuberkulose ist bei etwa 4 % der Patienten die Pleura mit betroffen. Parapneumonische Ergüsse (PPE) treten als Komplikationen von Pneumonien, Lungenabszessen und Lungenembolien in > 50 % hospitalisierter Pneumonien-Patienten. Pneumonien durch Pneumokokken, Legionellen und Mykoplasmen sind häufiger als andere Pathogene mit einer Pleuritis assoziiert.
Meist handelt es um unkomplizierte Ergüsse, die sich im Laufe einer adäquaten Therapie zurückbilden. Etwa 10 % der Patienten entwickeln sich Komplikationen, die ohne weitere zusätzliche Maßnahmen (Drainagetherapie) zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität führen. Bei Eiteransammlung in der Pleurahöhle (Pleuraempyem) sind diese Risiken nochmals deutlich erhöht.
Individuelle Risikofaktoren sind vor allem Diabetes mellitus, COPD, Bronchialkarzinom, neurologische und Ösophaguserkrankungen, Alkoholabusus, i.v. Drogenabhängigkeit. Erreger parapneumonischer Ergüsse sind Streptococcus pneumoniae, Viridans Streptokokken, Staphylococcus aureus, Enterobaceriaceae und Pseudomonaden. Auch aerob-anaerobe Infektionen mit Bacteroides spp., Fusobakterien und Peptostreptokokken treten häufiger auf.

Klinik

Bei pleuralen Infektionen tritt häufig Fieber, Abgeschlagenheit und Nachtschweiß auf. Die Pleuritis sicca ist charakterisiert durch plötzlich einsetzenden atmungsabhängigen und stechender Seitenschmerz mit flacher Schonatmung sowie Reizhusten. Im weiteren Verlauf geht die trockene Form oft in eine Pleuritis mit Ergussbildung über. Typischerweise lassen in diesem Stadium die Schmerzen nach. Bei größerem Erguss wird das Lungengewebe komprimiert und es stellt sich Atemnot und ein Beklemmungsgefühl ein.

Diagnose

Eine Abgrenzung zur Pneumonie ist häufig schwierig. Bei der Auskultation weisen Reibegeräusche („Schneeballknirschen“) auf eine Pleuritis sicca und ein fehlendes oder abgeschwächtes Atemgeräusch auf eine Pleuritis exsudativa hin. Bei der Perkussion zeigt sich eine Dämpfung mit lateralem Anstieg.
Zur bildgebenden Diagnostik sollte ein Thorax-Röntgenbild und eine Sonographie durchgeführt werden. Die Nachweisgrenze von Ergüssen liegt je nach Röntgentechnik bei 50 bis 300 ml, die der Thoraxsonographie bei etwa 10 ml. Durch CT können differentialdiagnostisch maligne Erkrankungen ausgeschlossen und kleinste Ergussmengen nachgewiesen werden. Stellt sich Lunge bei den Verfahren unauffällig dar, sollten auf Infektionsquellen im Abdomen, Mediastinum und kraniozervikalen Weichgeweben untersucht werden.
Wesentlich Hinweise liefert die Untersuchung des Pleurapunktates, vor allem die Beurteilung des pH-Wertes. Bei pH < 7,2 ist eine Drainage des Exsudates es obligat (Einschränkungen gelten für maligne und tuberkulöse Ergüsse). Erniedrigte Glucose- und erhöhte LDH-Bestimmungen können weitere Hinweise liefern. Die Bestimmung der Triglyceride im Punktat ( > 110 mg/dL) liefert den Hinweis für einen Chylothorax. Das Punktat sollte grundsätzlich mikrobiologisch in aeroben/anaerober Kulturen untersucht werden (Tbc-Diagnostik). Empfehlenswert sind Blutbild- und serologische Untersuchungen zur Klärung einer viralen oder autoimmunen Genese.

Klassifikation parapenumonsicher Ergüsse/Empyeme nach Muers

Unkomplizierte PPE Komplizierte PPE PE
Pleurale Morphologie Dünn, permeabel Fibrinexsudation, Septierungen Verdickt, Granulationsgewebe, Septen, Kammern
Pleurapunktat Klar Trüb Eitrig
pH* > 7,3 7,1-7,2 (7,3) < 7,1
Lactatdehydrogenase * < 500 > 1000 > 1000
Glucose mg/dl > 60 < 40 < 40
Polymorphkernige Neutrophile + ++ +++
Mikrobiologie Steriles Punktat Gelegentlich positiv Häufig positiv
* Bestimmung im Pleurasekret


Therapie

Die Therapie sollte stadiengerecht erfolgen und sich an einer möglichen Grunderkrankung orientieren. Allerdings liegen zur kalkulierten Therapie pleuraler Infektionen nur sehr wenig gesicherte Daten vor. Die vorgestellten Empfehlungen sind daher vornehmlich eine Konsensmeinung von Experten, basierend auf theoretischen Überlegungen zur Wirksamkeit von Antibiotika im Pleuraraum bei vermuteten oder nachgewiesenen Erregern. Untersuchungen weisen auf ähnliche Konzentrationen von Antibiotika im Pleuraexsudat und dem Interstititium der Lunge hin. Die Therapie besteht in einer adäquaten antimikrobiellen Therapie, der rechtzeitigen Einleitung einer Drainagetherapie und bei ineffektiver Drainagetherapie die Einleitung einer intrapleuralen Fibrinolytika-Therapie (Streptokinase/Urokinase). Die sofortige Drainage- und Spülbehandlung ist eine entscheidende Maßnahme bei der Behandlung eines Pleuraempyems. Ziel ist die komplette Entleerung der Pleurahöhle. Dabei scheinen kleinvolumige Drainagen einen Vorteil zu bieten. Bei nicht ausreichendem Erfolg der Maßnahme sollte chirurgisch interveniert werden. Es besteht die Möglichkeit, durch einen minimalen Zugang eine Frühdekortikation anzustreben. Dadurch werden die membranartigen, jedoch nicht auflösbaren oder punktierbaren Inhalte der Pleurahöhle entfernt und durch Spaltung der beginnenden Schwartenbildung der Lunge zur erneuten Ausdehnung verholfen. Verziehungen und schwer therapierbare Pleuraschwartenbildungen können so ggf. vermieden werden. Je nach Fachgebiet werden unterschiedliche Vorgehensweisen favorisiert.
Die Antibiotika-Therapie sollte hochdosiert über mindestens 14 Tage erfolgen. Folgende Kombinationen können bei ambulant erworbenen Infektionen angewendet werden:
Die Antibiotika-Therapie sollte hochdosiert über mindestens 14 Tage erfolgen. Folgende Kombinationen können bei ambulant erworbenen Infektionen angewendet werden:
- Acylaminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor (Piperacillin/Tazobactam, Piperacillin + Sulbactam, Mezlocillin + Sulbactam)
- Aminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor (Amoxicillin/Clavulansäure, Ampicillin/Sulbactam)
- Cephalosporin Gruppe 2 (Cefuroxim, Cefotiam) plus Clindamycin
- Cephalosporin Gruppe 3a (Cefotaxim, Ceftriaxon) plus Clindamycin
- Carbapenem Gruppe 2 (Ertapenem)
- Fluorchinolon Gruppe 4 (Moxifloxacin)

Bei den nosokomial erworbenen Infektionen müssen vor allem Pseudomonaden und Hospitalerreger mit berücksichtigt werden. Die kalkulierte Therapie erfolgt mit einem
- Acylaminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor (Piperacillin/Tazobactam)
- Cephalosporin Gruppe 3b oder 4 (Ceftazidim, Cefepim )
- Carbapenem Gruppe 1 (Imipenem/Cilastatin, Meropenem)
- Fluorchinolon Gruppe 2 oder 3 (Ciprofloxacin, Levofloxacin) plus Clindamycin
Gegebenenfalls können die genannten Substanzen bzw. Kombinationen mit einem Aminoglykosid kombiniert werden.