Infekt-Liga

Lipopeptide


Zyklische Lipopeptide

DaptomycinDaptomycin ist derzeit der einzige Vertreter der Substanzklasse der zyklischen Lipopeptide. Die Substanz wurde bereits in den frühen 1980er-Jahren entdeckt, aber erst 2003 in den USA und 2006 in Deutschland in die Therapie eingeführt. 
Daptomycin wird semisynthetisch aus einem Fermentationsprodukt von Streptomyces roseosporus hergestellt. Die Struktur zeichnet sich durch einen hydrophilen Ring aus 13 Aminosäuren und einer lipophilen Seitenkette, die nach bisheriger Kenntnis entscheidend zum Wirkmechanismus beiträgt. In Gegenwart freier Calcium-Ionen dringt Daptomycin mit der Lipidseitenkette in die bakterielle Zellmembran ein und bildet durch Oligopolimerisation mehrerer Daptomycin-Moleküle Transmembranporen oder Kanäle, durch die intrazelluläre Kaliumionen ausströmen. Dies führt zu einer Depolarisation der Zellmembran und beeinträchtigt die Protein-, DNS- und RNS-Synthese. Die konzentrationsabhängige bakterizide Wirkung tritt sehr schnell ein. Bakterien werden ohne signifikante Zell-Lyse abgetötet. Daptomycin ist sowohl gegenüber Bakterien in der Wachstumsphase als auch in der Ruhephase wirksam. Dies kann bei biofilmbildenden Bakterien von Vorteil sein. In vitro Studien zeigten eine schnelle Eradikation von Besiedelungen an Katheter- und Gefäßimplantatmaterialien.Wirkmechanismus 
Daptomycin zeigt in vitro eine hohe Aktivität gegenüber aeroben und anaeroben grampositiven Erregern, einschließlich Methicillin- und Vancomycin-resistentem und Vancomycin-intermediär empfindlichem Staphylococcus aureus (MRSA, VRSA, VISA), Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE). Es besteht keine Kreuzresistenz zu anderen Antibiotikaklassen. Gramnegative Bakterien sind unempfindlich, weil Daptomycin deren äußere Membran nicht durchdringen kann. 
Daptomycin zeigt in vitro in Kombination mit Betalactam-Antibiotika (z. B. Ampicillin und Ceftriaxon) oder Aminoglykosiden (z.B. Gentamicin) gegenüber VRE, MRSA und MSSA, und mit Rifampicin gegenüber VRE und Enterococcus faecium synergistische Wirkungen bei der Beseitigung von bakteriellen Isolaten.

Zulassung/Verfügbarkeit

Daptomycin ist zugelassen für die Behandlung der folgenden Infektionen bei Erwachsenen: 
- komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen (cSSTI)
- rechtsseitige infektiöse Endokarditis (RIE) aufgrund von Staphylococcus aureus
- Staphylococcus aureus Bakteriämie (SAB), die mit RIE oder mit cSSTI mit assoziiert ist.
Daptomycin ist nur parenteral verfügbar und muss bei 2 bis 80 C gelagert werden. Daptomycin ist als Cubicin® im Handel.

Pharmakokinetik

Daptomycin zeigt bis zu einer Dosierung von 8 mg/kg Körpergewicht über 7 Tage eine lineare Pharmakokinetik. Ein steady state Gleichgewicht wird nach der dritten Dosis erreicht. 
Daptomycin wird zu 92 % an Einweiß gebunden. Die Proteinbindung ist schwach und reversibel, so dass ein höherer Anteil bioverfügbar ist, als aufgrund der Proteinbindung zu erwarten wäre. 
Der Verteilung erfolgt innerhalb des Extrazellularraumes; das relative Verteilungsvolumen liegt bei 0,1 l/kg Körpergewicht. Daptomycin wird nicht oder nur in sehr geringem Umfang metabolisiert. Die Elimination erfolgt mit etwa 95 % vorwiegend renal. Eine tubuläre Sekretion ist nicht oder nur minimal vorhanden. Daptomycin wird zu etwa 5 % fäkal ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertszeit wird mit 8 bis 9 Stunden angeben. 
In vitro Untersuchungen an menschlichen Leberzellen zeigten keine Hemmung oder Induktion von klinisch signifikanten Cytochrom P450 (CYP450) Isoenzymen. Demnach sind keine Wechselwirkungen mit Arzneimitteln zu erwarten, die über dieses System metabolisiert oder induziert werden 
Das Lipopeptid wird als intravenöse Infusion über 30 Minuten verabfolgt. Die empfohlene Dosierung ist abhängig vom Anwendungsgebiet und der Creatinin-Clearance.

Anwendungsgebiet Creatinin-Clearance Dosisempfehlung
cSSTI ohne S. aureus Bakteriämie > 30 ml/min 4 mg/kg einmal täglich
cSSTI ohne S. aureus Bakteriämie < 30 ml/min 4 mg/kg alle 48 Stunden*
RIE oder cSSTI assoziiert 
mit S. aureus Bakteriämie > 50 ml/min 6 mg/kg einmal täglich

* Basierend auf pharmakokinetischen Modellen. Gleiche Dosisanpassung gilt für Patienten unter Hämodialyse oder kontinuierlicher ambulanter Peritonealdialyse (CAPD). Daptomycin sollte möglichst an Dialysetagen nach Abschluss der Dialyse gegeben werden

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Häufigste Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Muskelschmerzen, Pilzinfektionen, Ausschlag, lokale Reaktionen an der Injektionsstelle, anormale Leberenzymspiegel sowie erhöhte Kreatinphosphokinase-(CPK)-Werte. Da während der Therapie CPK-Anstiege, die mit Muskelschmerzen und -schwäche, Myoglobinämie, Myositis und Rhabdomyolyse assoziiert waren, beobachtet wurden, müssen die Werte zu Beginn und während der Therapie kontrolliert werden.

Bewertung

Daptomycin gilt aufgrund seiner Struktur und dem neuartigen Wirkprinzip als Innovation mit hoher therapeutischer Relevanz in der Behandlung von Infektionen mit MRSA.